rebequa® im Interview:


„Raus aus den Negativ-Schlagzeilen!“

Interview mit Demographie-Berater Hans-Jürgen Dorr

Hans-Jürgen Dorr (52) ist Geschäftsführer der Unternehmensberatung di-alogo mit Büros in Wuppertal und Hagen. healthpro sprach mit ihm über mögliche Nutzeneffekte der Demographie-Beratung.

Herr Dorr, Sie beraten seit über 20 Jahren Unternehmen. Was hat den erfahrenen Berater bewogen, an einer Weiterbildung zum Demographie-Berater teilzunehmen?

Lebenslanges Lernen ist für mich kein bloßes Lippenbekenntnis. Ich will meine Partner dazu ermuntern, über den Tellerrand zu schauen. Also gehe ich mit gutem Beispiel voran. Die Folgen des demographischen Wandels für betriebliche Prozessgestaltung und Personalentwicklung abzuschätzen, rundet zudem mein Beratungsprofil ab. Über das Thema gelangt man schnell zu den wesentlichen Knackpunkten im Unternehmen.

Wo ist ihnen das Thema Demographischer Wandel in der Beratung bisher begegnet?

Konkretes Beispiel: Ein kleiner metallverarbeitender Betrieb hat permanent Mangel an guten Arbeitskräften. Stellt sich zunächst die Frage: „Können wir beim Recruitment etwas anders machen?“ Vielleicht lohnt es sich aber auch, die betriebliche Altersstruktur einmal insgesamt anzuschauen. Wir nehmen dann die gesamte Altersstrukturentwicklung unter die Lupe, statt nur nach Einzelmaßnahmen zu suchen.

Genauer! Was umfasst so eine Demographie-Beratung konkret? Wobei kann ein Demographie-Berater dem Unternehmen helfen?

Der Demographie-Berater setzt sich mit dem Unternehmer zusammen und überlegt, wie man die Personalsituation in den Griff bekommt. Ob derzeit alle Leute an der richtigen Stelle eingesetzt werden, beschäftigt erst in zweiter Linie. Vorrangig geht es um die Personalsituation der Zukunft. Wo wird das Unternehmen personalwirtschaftlich in fünf bis zehn Jahren stehen? Mit einfachen Mitteln lassen sich künftige Personallücken feststellen. Und über dieses Szenario wird dann gemeinsam beraten.

Aber ist diese Art Personalplanung nicht längst gang und gäbe?

In Großunternehmen gibt es viele Stabsstellen, die sich mit der Problematik alternder Belegschaften auseinandersetzen. In kleinen und mittelständischen Firmen fehlen dafür meistens die Ressourcen, die Geschäftsführung steckt voll im Tagesgeschäft. Ein externer Personalpartner kann hier sehr hilfreich sein.

Und wie überzeugen Sie Betriebe davon, mit Ihnen über die ferne Personalzukunft zu sprechen, wenn heute ganz woanders der Schuh drückt?

Selbst wenn heute alles optimal läuft und kein akuter Handlungsbedarf besteht – das Thema Demographie, der richtige Umgang mit alternden Belegschaften (zwischen 30 und 60) rückt irgendwann auf jede Agenda. Zum Beispiel, wenn kompetente Fachkräfte oder wichtige Meister ausscheiden. Wie bleibt das Wissen im Betrieb, wie ist es dokumentiert, wie wird es weitergegeben? Knackpunkte zu identifizieren und Übergänge zu gestalten, darin liegt der Nutzen einer Demographie-Beratung.

Was empfehlen Sie im Falle drohender Wissensverluste?

Es gibt gute, einfache Instrumente für das Wissensmanagement im demographischen Wandel. Zunächst sollte Klarheit über den aktuellen Qualifizierungsstand und -bedarf im Betrieb bestehen. Insbesondere müssen die Kompetenzen und das Know-how von Älteren genau erfasst und evtl. drohende Wissensverluste überschlagen werden. Anschließend kann überlegt werden, wie das Wissen der Älteren transportiert werden kann, ob ältere Mitarbeitet gezielt junge Kollegen qualifizieren, ob sich Mentorenmodelle oder altersgemischte Teams anbieten.

Wie gehen Sie auf die Unternehmen zu? Gibt es besondere Formen der Sensibilierung?

Der Ton macht die Musik. Der Demographische Wandel muss aus der Negativ-Ecke raus. Die Auseinandersetzung mit dem Demographischen Wandel bedeutet aktive Chancenverwertung! Neben diesem positiven Grundton muss das Thema auf ansprechende Weise platziert werden, zum Beispiel im Rahmen eines Zukunftsworkshops oder „business breakfast“. Und ein Drittes: Neben den Unternehmen müssen müssen die Kommunen und Verbände mit ins Boot geholt werden.

Herr Dorr, haben Sie vielen Dank für dieses Gespräch!


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Das Regionale Beratungs- und Qualifizierungsprogramm rebequa wurde von der Düsseldorfer healthpro GmbH initiiert und gemeinsam mit dem Institut für Arbeitswissenschaft der RWTH Aachen durchgeführt. Ziel ist es, die demographische Situation für KMU abzubilden und Personalstrategien in regionalen Betrieben anzustoßen. Im Rahmen des Programms wurden insgesamt 102 Demographie-Berater qualifiziert, 82 Unternehmen haben die Demo-Fit-Beratung (Stand 14.12.06) nachgefragt und 11 Regionaltreffen wurden in ganz NRW veranstaltet. rebequa wurde vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen (MAGS) und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert. 


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