rebequa® im Interview:


„Einer Idee ist es egal, wer sie hat“

Interview mit Demographie-Berater Hans-Rüdiger Munzke

Hans-Rüdiger Munzke (52) aus Lengerich gründete 2002 das Beratungsbüro „Ingenieurbüro IdeenNetz“. Vor der Firmengründung arbeitete er bereits lange Jahre in der technisch-betriebswirtschaftlichen Beratung, u.a. zu Fragen der Normung, Wertanalyse, des Ideenmanagements und Betrieblichen Vorschlagswesens. Sein derzeitiger Beratungsschwerpunkt liegt auf dem Innovations- und Ideenmanagement. Zu seinen Kunden zählen Firmen aus Industrie und Handwerk, Aus- und Weiterbildung. Für Munzke ist die effiziente Nutzung der Ideenpotenziale in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) von zentraler Bedeutung. healthpro sprach mit ihm über Ideenmanagement im Demographischen Wandel.

Herr Munzke, Sie haben die Qualifizierung zum Demographie-Berater NRW durchlaufen - was sind die zentralen Aspekte, die Sie für Ihre Berater-Tätigkeit mitnehmen?

Für mich war die Erkenntnis wertvoll, dass es im Demographischen Wandel für Betriebe um viel mehr geht als um die Schaffung alternsgerechter Arbeitsplätze. Es geht um die Sicherstellung von Wissen für die nächsten Generationen, um den Weg in „wissensbasierte Unternehmen“. In meinen Beratungsfeldern sehe ich da eine sehr gute Ergänzung, für meine bisherige Arbeit eine erfreuliche Bestätigung.

Sie bieten in mit Ihrem „Ideennetz“ ein umfangreiches Beratungs- und Coachingangebot - was hat Sie bewogen, die Qualifizierung zum Demographie-Berater zu durchlaufen?

Als Berater für kleine und mittelständische Unternehmen hat mich immer die Frage bewegt, von wem die Ideen und Verbesserungen für einen Betrieb kommen. Daher haben wir uns damit befasst zu untersuchen, ob und wie sich der Ideenreichtum mit dem Alter eines Unternehmens verändert. Verändert sich womöglich das Einreicherverhalten oder die Innovationsfähigkeit? Und wenn ja, welche Handlungskonsequenzen kann man aus den Veränderungen ableiten?

Könnten Sie den Begriff Einreicherverhalten kurz erklären?

Mit Einreicher bezeichnen wir die Personen, die Verbesserungsvorschläge einreichen, also aus freien Stücken Verbesserungspotenziale in den Unternehmen aufzeigen und mithelfen, diese zu nutzen.

Gibt es Hinweise darauf, dass mit zunehmendem Alter die Innovationsfähigkeit abnimmt?

Ja, diese Tendenz ist zu erkennen. Statistische Erhebungen, die wir gemeinsam mit dem dem Institut für Angewandte Arbeitswissenschaft und dem Institut für Betriebswirtschaft durchgeführt haben, geben Hinweise darauf, dass mit zunehmenden Alter die Innovationsfähigkeit und das Einreicherverhalten nachlässt. Aber wir haben gleichzeitig auch festgestellt, dass es dafür offensichtlich keine biologische Begründung gibt.

Gilt das nur für Mitarbeiter als Einzelpersonen oder auch für ganze Unternehmen?

Die Ergebnisse beziehen sich auf Einzelpersonen. Aber wenn man das Durchschnittsalter einer Belegschaft als das „Alter des Unternehmens“ betrachtet, gibt es durchaus Parallelen.

Und es gibt grundsätzlich keine biologischen Begründung?

Genau. Wir haben die Erhebung in Zehnjahresschritten durchgeführt und festgestellt, dass manche Mitarbeiter, die mit 65 noch aktiv arbeiten, ein ähnlich gutes Einreicherverhalten und ähnlich gute Ideen haben, wie Mitarbeiter in der tragenden Altersstruktur zwischen 30 und 40.

Welche Faktoren spielen denn für das Innovationsverhalten eine Rolle?

Wir hatten Unterschiede aufgrund unterschiedlicher Qualifikation vermutet, diese gibt es überraschenderweise nicht. Was wir allerdings festgestellt haben, ist, dass mit ansteigender Betriebszugehörigkeit die Innovationsfreude zurückgeht - die sogenannte Betriebsblindheit stellt sich ein.

Wie kann man denn den Begriff des „Ideen- und Innovationsmanagements“ vom Betrieblichen Vorschlagswesen oder vom Kontinuierlichen Verbesserungsprozess - KVP - abgrenzen?

Ideen- und Innovationsmanagement verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Im Unternehmen werden Innovationen und Veränderungsprozesse zumeist bestimmten Personengruppen zugeschrieben, wie der Forschung und Entwicklung sowie der Patentabteilung oder den Zuständigen für die kontinuierlichen Verbesserungsprozesse. Ich vertrete die Ansicht, dass es der Idee egal ist , wer sie hat - Ideenmanagement ist eher offen und betrifft jeden Mitarbeiter im Unternehmen.

Wie kann man Ihrer Meinung nach Mitarbeiter zur Beteiligung an Innovations- und Verbesserungsprozessen motivieren?

Ich kann mir gut vorstellen, dass über ein Anreizsystem eine stärkere Beteiligung an Innovations- oder Verbesserungsprozesse geschaffen werden kann. Das müssen nicht unbedingt monetäre Vorteile sein - es gibt genügend Alternativen, z.B. Teilnahme an Rückenschulungen oder Gesundheitstrainings. Auch ein Wellnesswochenende kann ein sehr schöner Anreiz sein.

Wie werden Sie in Zukunft Unternehmer auf Ihr Demo-Fit-Angebot aufmerksam machen? Werden Sie es mit Ihrem bisherigen Portfolio verbinden?

Da wir bereits sehr gute Erfahrungen mit Aktionswochen gemacht haben, hatte ich mir vorgestellt, im Rahmen einer solchen Aktionswoche zusammen mit dem Ideenmanagement demographie-bezogene Themen zu behandeln , z.B. Wie kann der praktische Wissenstransfer initiiert und organisiert werden? Wie könnten junge angehende Facharbeiter zusammen mit älteren erfahrenen Mitarbeitern gemeinsam ein Projekt gestalten? Wie ist zukünftig der Spagat zu meistern, dass auf der einen Seite immer weniger qualifizierte Jugendliche dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und auf der anderen Seite das Erfahrungswissen der Älteren „in Rente geht“?

Haben Sie bei Ihren bisherigen Demographie-Beratungen schon Branchenbesonderheiten festgestellt?

Auf jeden Fall. Gesundheitsdienstleister scheinen sich schon mehr mit dem demographischen Wandel auseinandergesetzt zu haben, fragen auch schon mal nach Handlungsmöglichkeiten und Empfehlungen. Wohingegen Unternehmer aus dem produzierenden Gewerbe schon mal verwundert aus der Wäsche schauen und fragen „Was ist das denn? Was geht uns das an?“ Oder man stößt bei ihnen auf Argumente wie „Wir haben doch ein niedriges Durchschnitsalter im Betrieb“ oder - der Klassiker – „Wir haben schon genug zu tun.“ Ich bin aber zuversichtlich, dass wir das Eis sehr schnell brechen, wenn wir erste positive Ergebnisse vorweisen können.

Herr Munzke, haben Sie vielen Dank für das Gespräch!


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Das Regionale Beratungs- und Qualifizierungsprogramm rebequa wurde von der Düsseldorfer healthpro GmbH initiiert und gemeinsam mit dem Institut für Arbeitswissenschaft der RWTH Aachen durchgeführt. Ziel ist es, die demographische Situation für KMU abzubilden und Personalstrategien in regionalen Betrieben anzustoßen. Im Rahmen des Programms wurden insgesamt 102 Demographie-Berater qualifiziert, 82 Unternehmen haben die Demo-Fit-Beratung (Stand 14.12.06) nachgefragt und 11 Regionaltreffen wurden in ganz NRW veranstaltet. rebequa wurde vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen (MAGS) und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert. 


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