rebequa® im Interview:


„Eine Zukunft, in der auch der Spaß an der Arbeit nicht verloren geht.“

Interview mit Demographie-Berater Erhard Peters

Diplom-Finanzwirt Erhard Peters (60) ist Demographie-Berater NRW mit dem Regionenschwerpunkt Bonn/Rhein-Sieg. Peters blickt auf eine abwechslungs-reiche Karriere zurück: Er hat in eigener Steuerberater-Praxis Handwerks-unternehmen und KMU betreut, setzte dann eine weitere Ausbildung im Bereich "Kommunikation und Change Prozesse" auf und schließlich eine dritte Qualifikation als EFQM Assessor (European Foundation of Quality Management). Seit 1990 fußen seine Tätigkeiten auf diesen drei Ausbildungen. Als Berater begleitete er große Unternehmen in Post Merger Zeiten und bildete auch mittelständische Führungskräfte für diese Aufgabe aus. healthpro sprach mit ihm über seine beruflichen Hintergründe und sein Demo-Fit-Angebot.

healthpro: Herr Peters, Sie können auf eine sehr reichhaltige Karriere zurückblicken - was hat Sie bei dieser geballten Kompetenz dazu bewogen, noch eine Weiterbildung zum Demographie-Berater aufzusetzen?

Ich denke, dass dieses Thema in den nächsten Jahren gerade bei kleinen und mittelständischen Unternehmen als ursächliches Thema für Veränderungs-prozesse sowohl in der Marktorientierung als auch in der Beschaffung von Personal eine wichtige Rolle spielen wird. Und diese notwendigen Veränderungen möchte ich möglichst qualifziert begleiten können. Von daher habe ich das Angebot gerne angenommen, mich in das Thema fundiert einzuarbeiten und auch Hintergründe, Sachinformationen, Zahlen, Daten und Fakten zu bekommen.

Wie haben Sie denn vor, einen kleinen oder mittelständischen Unternehmer davon zu überzeugen, sich mit dem Thema Demographie hinsichtlich seiner Personalarbeit und Unternehmensführung zu beschäftigen?

Ich gehe zunächst davon aus, dass jeder Unternehmer Geld verdienen will. Und das kann er nur, wenn er sich den Veränderungen im Markt entsprechend anpasst und sich regelmäßig die zentralen Fragen stellt: „Wo sind primär meine Kunden?“ „Welche Bedürfnisse haben sie?“ und „Was muss ich dafür tun, um diese Bedürf-nisse zu befriedigen?“ Bei den derzeitigen demographischen Prognosen sieht es so aus, dass besonders die Potenziale der sogenannten Generation 50Plus, in den Vordergrund treten. Mit Potenzialen meine ich vor allem die Kaufkraft. Das entdecken Sie im Augenblick sehr stark in der Werbung. Vor vier oder fünf Jahren hätten sie kaum ein altes Gesicht in der Werbung gesehen! Die Werbewirtschaft hat verstanden, dass das künftige Kundenpotenzial in diesem Segment liegen wird. Und mir geht’s darum, dass auch ein Handwerksunternehmer, ein "kleiner Laden", sich überlegt, was die Veränderungen für das eigenen Produktportfolio bedeutet. Oder für die Art, mit den Kunden umzugehen. Spricht der Betrieb die richtige Sprache? Und haben wir überhaupt die Leute, die die richtige Sprache sprechen können? Das sind alles Themen, die in einer Demographie-Beratung eine Rolle spielen. Ziel meiner Beratung ist, dem Unternehmen eine Zukunft zu ermöglichen, in der Gewinne erwirtschaftet werden und der Spaß an der Arbeit nicht verloren geht.

Sie als Fachmann für das Coaching von Führungskräften: Welche Widerstände haben sie denn bisher kennengelernt wenn es um Fragen der Führung bzw. der Kommunikation von älteren Mitarbeitern geht?

Wenn es sie nicht gerade selbst betrifft, sind viele Führungskräfte der Meinung, dass ältere Mitarbeiter nicht mehr die Leistung erbringen, die notwendig wäre.

Sie sehen das ältere Personal vor allem als Kostenfaktor. Im Kopf spielt sich Folgendes ab: Ältere bekommen mehr Geld, aber sie leisten nicht entsprechend auch "mehr" als jüngere Mitarbeiter. So hat sich das festgesetzt. Für Führungs-kräfte ist es oft noch mit Mitte Sechzig selbstverständlich, dass sie sehr viel für den Betrieb tun, gerade in inhabergeführten Unternehmen. Der Zeitpunkt, an dem man sich mit der Nachfolge auseinandersetzen sollte, verstreicht, und dann  führt der alte Handwerksmeister noch im Alter von 70 oder 75 den Betrieb. Das ist die Diskrepanz: die Inhaber erleben sich selbst als erfahrene Führungskraft und ihren älteren Mitarbeitern trauen sie dieselbe Leistungsfähigkeit nicht zu. Ich möchte die Denkweise in den Betrieben ändern, es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel!

Die Beschäftigten müssen zukünftig auch umdenken?

Ja! Oft denken Beschäftigte ab 45: „Jetzt werde ich älter und nicht mehr gebraucht. Hauptsache, ich werde nicht gekündigt und überlebe den Rest der Strecke bis zum Sechzigsten." Das ist eine verkehrte, aber weit verbreitete Denke. Sie sollten sich besser fragen, "Was müsste ich lernen, womit müsste ich mich auseinandersetzen, damit ich auch noch in 10 Jahren eine attraktive Arbeitskraft bin?"

Blick zurück auf die Qualifizierung zum Demographie-Berater NRW: Welche Angebote, welche konkreten Maßnahmen sind für Sie am plausibelsten, wenn es darum geht, die Pesonalarbeit zukunftsgerecht und vor allem alternsgerecht zu gestalten?

Zunächst einmal muss ein Bewusstsein dafür entstehen, dass die Veränderung der Bevölkerungsstruktur auch im Arbeitsleben an vielen Stellen Veränderungen hervorruft. Da ist einmal der Markt, der sich verändert, d.h. eine ältere und gleichzeitig zahlungskräftige Kundengruppe mit bestimmten Ansprüchen entsteht. Als Handwerker, Händler oder Dienstleister muss ich mir überlegen, wie deren Wünsche zu befriedigen sind. Auf der anderen Seite muss ich aber auch eine neue Personalstruktur bedenken. Trotz hoher Arbeitslosigkeit sinkt die Zahl der Fachleute , der Facharbeiter, die in einem Betrieb gute Meister- und/oder Gesellenleistungen erbringen. Unternehmer und Betriebsinhaber dürfen dem Trugschluss nicht erliegen, dass sie schon "irgendwo" ihre qualifizierten Arbeitskräfte herkriegen. Gute Meister/Gesellen lassen sich nicht durch Hilfsarbeiter ersetzen!

Ist das Handwerk auch eine Branche, die sie speziell beraten?

Ich habe mich über viele Jahre im Handwerksbereich getummelt und kenne die Branche ganz gut. Als Steuerberater habe ich alles getan, den Betrieben nahe zu legen, dass Controlling, also die Kenntnis ihrer Zahlen wichtig ist. Und ich habe Kundenbindungsprogramme für Hersteller unterschiedlicher Branchen gemacht, z.B. im Sanitär-, Elektro- oder Dachdeckerbedarf. Da lernt man die Klientel schon kennen.

Und in diesem Segment wollen Sie die Demo-Fit Beratung anbieten?

Nicht nur. Mein zweiter Branchenschwerpunkt sind Zulieferer, die so genannten OE-Geschäfte. Die Zuliefererbranche hat ja ähnliche Probleme wie das Handwerk, hier fehlen an vielen Stellen schon die Fachleute. Einen dritten Ansatzpunkt, den ich mir vorstellen könnte, ist die Beratung kommunaler Initiativen.

Könnten Sie das abschließend noch etwas näher erklären?

Nehmen wir einmal meinen Wohnort Much. Eine kleine Gemeinde mit ca. 13.000 Einwohnern, im Kernort wohnen davon gerade mal 4.000. Hier gibt es bereits Ansätze zwischen den Handwerksbetrieben wie Bäckereien und Metzgereien und kleinen Läden für gemeinsame Marketingaktivitäten. Solchen Initiativen die Bedeutung und Folgen des demographischen Wandels zu erklären erscheint sinnvoll. Die Politik muss dabei auch einbezogen werden. Gemeinsam mit den Unternehmen kann man die Chancen dann noch besser ausschöpfen.

Herr Peters, haben Sie vielen Dank für dieses Gespräch! 


(Zeichen mit Leerzeichen: 7.263)

Das Regionale Beratungs- und Qualifizierungsprogramm rebequa wurde von der Düsseldorfer healthpro GmbH initiiert und gemeinsam mit dem Institut für Arbeitswissenschaft der RWTH Aachen durchgeführt. Ziel ist es, die demographische Situation für KMU abzubilden und Personalstrategien in regionalen Betrieben anzustoßen. Im Rahmen des Programms wurden insgesamt 102 Demographie-Berater qualifiziert, 82 Unternehmen haben die Demo-Fit-Beratung (Stand 14.12.06) nachgefragt und 11 Regionaltreffen wurden in ganz NRW veranstaltet. rebequa wurde vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales Nordrhein-Westfalen (MAGS) und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds gefördert. 


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