rebequa® im Interview:


„Der demographische Wandel wartet nicht auf Fördergelder“

Wegfall der Förderung zwingt rebequa Programm zur Neuausrichtung: Interview mit Carsten Baye, Programmleiter rebequa

Carsten Baye, Programmleiter rebequa

Carsten Baye, Programmleiter rebequa

Düsseldorf, den 14.04.08 - Seit 2005 ist die Unterstützung des Mittelstands im demographischen Wandel eines der Hauptthemen von Programmleiter Carsten Baye. Nach einem ersten Demographie-Modellprojekt in Mecklenburg-Vorpommern startete er 2006 das Programm „rebequa“ erstmalig in Nordrhein-Westfalen. Ende 2007 wurde das Programm auf weitere neun westliche Bundesländer ausgeweitet. Das vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) geförderte Programm sollte bis Ende September 2008 über 2000 kleinen und mittleren Unternehmen durch eine kostenfreie „DemoFit-Erstberatung“ zur Seite stehen.

Die Förderung von rebequa wurde zum Ende März 2008 vorzeitig widerrufen. Über die Gründe und die Zukunft von rebequa ein Interview mit Carsten Baye, Geschäftsführer der Düsseldorfer healthpro GmbH. Das Gespräch führte der Pressereferent Wolfgang Kanka.

Herr Baye, wie ist es zum Förderstopp von rebequa gekommen?

Die Förderung wurde aus administrativen Gründen frühzeitig beendet. Uns als Programmträger wurden „Mängel in der Dokumentation und Mittelverwendung“ vorgeworfen. Die Verwendung von Mitteln des Europäischen Sozialfonds ist in der Verwaltung komplex. Dazu muss man wissen: Die Ziele, in 13 Monaten 300 Personen zu Demographie-Beratern zu qualifizieren und über 2000 Unternehmen zu beraten, sind äußerst ambitioniert. Wir haben uns daher mit ganzer Kraft und Enthusiasmus auf die Inhalte gestürzt. Dabei ist die Programm-Verwaltung leider zu kurz gekommen. Eine kurzfristige Änderung der Finanzierungskonditionen hat diese Arbeit nicht gerade erleichtert. Aber alle Mängel der Administration wären aus unserer Ansicht in der zweiten Programmlaufzeit zu beheben gewesen.

War diese Entwicklung nicht vorhersehbar?

Nein, wir sind von dem abrupten Stopp der Förderung überrascht, ja schockiert. Das Vorgehen der Förderer empfinden wir als unangemessen. Sehr erstaunt sind wir, dass kein gemeinsamer Weg gesucht wurde. Als Unternehmer bin ich in der Zusammenarbeit an einen konstruktiven Dialog und einem Ringen um Lösungen gewohnt. Dieser Förderstopp ist ein herber Rückschlag für ein erfolgreiches Programm und den ganzen rebequa Verbund. Für die Gesellschaft bedeutet dies einen immensen, nicht nur materiellen Schaden.

Hat der Förderstopp etwas mit den Inhalten des Programms zu tun?

Sicherlich nicht. rebequa hat alle fachlichen Ziele voll erfüllt. Das haben unsere ehemaligen Förderer schwarz auf weiß bestätigt. Gerade dieser Umstand erfüllt uns mit Kummer – die guten Leistungen von rebequa scheinen nicht zu zählen! Stattdessen wird das Programm nach administrativen Gesichtspunkten beurteilt. Aus unserer Sicht hat man hier ein überzeugendes Konzept der Bürokratie geopfert. rebequa wurde im vollen Lauf gestoppt, quasi „ausgebremst“.

Was sind die Konsequenzen dieser Entscheidung?

Wir bedauern sehr, dass wir mit unseren Beratern, Partnern und Mitarbeitern die ehrgeizigen Ziele von rebequa in der konzipierten Form nicht mehr verfolgen können. Das heißt alle geförderten Maßnahmen und Leistungen für Unternehmer, Berater und Regionalpartner entfallen ab dem 1. April 2008.

Wie sind die Reaktionen der Programm-Beteiligten?

Wir erhalten fast täglich Anrufe und Emails von Partnern, die uns ermuntern, jetzt nicht „die Flinte ins Korn zu schmeißen“. Dies und unsere inhaltlichen Erfolge bestärken uns, die Arbeit fortzusetzen. Allerdings müssen wir auch die Erfahrung machen, dass Personen, die uns während der Förderzeit sehr gewogen waren, in der jetzigen schwierigen Phase merklich auf Distanz gehen. Wir hoffen nun, dass wir wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen und halten unsere Partner über Veränderungen auf dem Laufenden.

Was wurde seit dem Start von rebequa erreicht?

Wir haben mit einer kleinen Fördersumme Großes erreicht: rebequa hat rund 170 Fachleute nach einem einheitlichen, wissenschaftlich anerkannten Standard zu Demographie-Beratern qualifiziert. Zahlreiche Unternehmen erhielten bereits eine kostenfreie Erstberatung. Der rebequa Verbund mit 20 Regionalpartnern und zahlreichen lokalen Demographie-Netzwerken wurde aufgebaut, in Veranstaltungen wie Regionaltreffen und Zertifikatsverleihungen hat rebequa für das Thema Demographischer Wandel mit seinen Herausforderungen sensibilisiert sowie für seine Chancen geworben. Außerdem hat eine intensive Pressearbeit das Thema in die breite Öffentlichkeit getragen. rebequa ist in den Regionen angekommen!

Was sind die Gründe für den Erfolg von rebequa?

Einerseits haben unsere Partner mit ihrer konstruktiven und pragmatischen  Arbeitsweise wesentlich zum Gelingen des Programms beigetragen. Andererseits war die konsequente unternehmerische Programmführung entscheidend. Mit einer administrativen Herangehensweise wäre das nicht zu schaffen gewesen.

Hätten Sie im Rückblick etwas anders gemacht?

Ich würde mich heute vor Start eines Projektes darüber vergewissern, ob die fördernden Institutionen am Gelingen des Programms ein Interesse haben. Das heißt, ob die beteiligten Personen aus der Administration und Fachleitung mit uns an einem Strang ziehen wollen. Auch würde ich in Zukunft von Projektanträgen absehen, die von mehr als einer Institution bewilligt werden. Der Paragraphendschungel ist selbst für Juristen eine Herausforderung. Selbstkritisch möchte ich einräumen, dass wir bei healthpro die Administration unterschätzt haben.

„Erfolgreich ist, was bleibt.“ Was unternehmen Sie, damit die Erfolge von rebequa nicht wieder verpuffen?

Auch nach dem vorzeitigen Förderende bleiben wir am Ball, damit die gesetzten „Demographie-Pflanzen“ weiter wachsen: Wir suchen neue Verbündete um weiterhin das Thema öffentlichkeitswirksam in die Betriebe zu bringen. Der demographische Wandel wartet schließlich nicht auf Fördergelder. Wir wollen qualifizierte Demographie-Berater in der Praxis unterstützen. Stichworte sind die Vermittlung von Unternehmensanfragen und das Angebot von Dienstleistungspaketen. rebequa wird auch in Zukunft Impulse für ein alternsgerechtes Personalmanagement setzen.

Herr Baye, vielen Dank für das Gespräch!


Pressekontakt:

Wolfgang Kanka
Tel.: 0211/54 22 53 - 384
Fax: 0211/54 22 53 - 381
presse@healthpro.de
www.rebequa.de
Bismarckstraße 98
40210 Düsseldorf


(Zeichen mit Leerzeichen: 6.100)

rebequa® steht für „Regionale Beratung und Qualifizierung“. Das Programm zeigt Auswirkungen regionaler demographischer Entwicklungen für kleine und mittlere Unternehmen auf und setzt Impulse für geeignete Personalstrategien. rebequa® wurde 2006 von der healthpro GmbH initiiert und hat bis Ende März 2008 bundesweit rund 270 Demographie-Berater qualifiziert und zahlreiche Unternehmen beraten. Das Programm wurde gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) sowie durch die Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA).